Warum Fiffis Hinterlassenschaft nichts an Omas Grab verloren hat

von Nina-Maria Mixtacki

In Mittweida erstreckt sich ein wunderschöner alter Friedhof hinter der Kirche. Wenn man durch das große gusseiserne Tor tritt, ist es, als würde man ein kleines Paradies betreten. Dort stehen viele große, alte Bäume auf großen Wiesen. Vögel zwitschern. Und oft lassen sich Katzen unter einen Busch oder auf einer Bank sehen. Ich gehe gern über den Friedhof. Vor und nach Terminen, um mich zu sammeln. Vor noch gar nicht allzu langer Zeit, führte mich mein Weg wieder dort lang. Dieses Mal begegneten mir ein paar Menschen. Zwei standen an einer Grabstelle und kümmerten sich um die Blumen. Als ich gerade auf den Hauptweg abbog, kam mir ein sehr enthusiastischer Hund entgegen, der seinen leinenlosen Freigang offensichtlich mehr als auskostete. Nennen wir das Tier hier der Einfachheit halber „Fiffi“.
Sie müssen wissen: auf dem Friedhof herrscht Leinen-Pflicht. Da die BesitzerIn nicht gleich zu sehen war, lief ich Fiffi ein bisschen hinterher. Es wird ja nicht ganz alleine hier spazieren sein. Und tatsächlich: Fiffi führte mich zum zugehörigen Menschen. „Ob Sie bitte Ihren Hund anleinen können?“, fragte ich freundlich. Ich wies auf die vorhandenen Schilder und die Leinenpflicht hin. Die Person reagierte nicht. Also gut, dachte ich mir. Vielleicht habe ich mich undeutlich ausgedrückt. Ich stellte mich also vor – ist ja immer gut zu wissen, mit wem man redet – und wiederholte meine Bitte. Sicherheitshalber ergänzte ich noch, dass wir uns auf einem Friedhof befinden. „Naja, die fühlt sich hier so wohl. Das ist hier schöner als auf der Hundewiese…“ Ich blieb freundlich hartnäckig. Fiffi lief inzwischen über mehrere alte Grabstellen und pieselte neben einer an die alte Friedhofsmauer.
Dies nahm ich zum Anlass um den Raum des Friedhofes zu erklären. Dass es ein Ort ist, an dem Menschen ihre Liebsten zu Grabe tragen mussten. Ein Ort zum Abschiednehmen und erinnern. Vielleicht sogar ein bisschen ein heiliger Ort. Auch, wenn die Gräber schon viel älter sind als 25 Jahre. Und dass es diesem Ort nicht angemessen ist, wenn da ein Hund drüber läuft. Um dem gerecht zu werden, haben wir als Friedhofsträger eben solche Regeln wie die Leinenpflicht festgelegt. Wenn sich, was ich leider beobachte, immer mehr Menschen daran nicht halten, dann könnte es sein, dass wir den Friedhof irgendwann für Hunde sperren müssen.
Was dann kam, darauf war ich nicht vorbereitet. Eine lange Schimpf-Tirade über die vermeintlichen Probleme in Deutschland und die bösen Katzen, die ja schließlich auch über die Gräber laufen. Fiffi war zwar inzwischen angeleint, aber die BesitzerIn machte immer noch keine Anstalten, das Tier auf dem Weg zu halten. Fiffi turnte nun an der Leine über Stock und Stein. Ich ging langsam den Weg mit Fiffi und der BesitzerIn Richtung Ausgang. Die Gefahr eines erneuten leinenlosen Freigangs war mir zu groß. Kurz vor dem gusseisernen Tor hockte sich Fiffi breitbeinig vor die Mauer, senkte den Hundehintern und ließ einen schönen Schwall Durchfall ab,
hüpfte weiter und verteilte dickflüssige kleine Kleckse. Es stank zum Himmel.
Wie müssen sich die armen Angehörigen fühlen, wenn sie bei der nächsten Grabpflege neben der geliebten Oma Fiffis stinke-Kleckse finden? (Im schlimmsten Fall muss sich dann die arme Sekretärin die Wut über den liederlichen Friedhof anhören!)
Deswegen – ich bitte Sie aus ganzem Herzen: Freuen Sie sich an den schönen Friedhöfen.
Bringen Sie von mir aus ihren Hund mit, damit er sich auch freuen kann. Aber halten Sie Ihr Tier an der Leine, bleiben Sie auf den Wegen, räumen Sie die Hinterlassenschaften weg und denken Sie daran: Dieser Ort ist vielleicht ein besonders wertvoller und heiliger Ort für Ihre Mitmenschen, deren Eltern, Kinder oder große Liebe dort begraben liegen.